Erinnerung

Es gibt diese Bilder, die sofort Erinnerungen wecken. Bilder die tief in die Seele schauen. Bilder die fast vergessenes wieder vor den Auge lebendig werden.

So geht es mir mit den Bildern aus der Heimatstadt. Sofort wecken sie Erinnerungen an längst vergangene Tage.

Sofort seh ich mich wieder in Omas Durchgangswohnung, ganz oben unterm Dach. Sehe links hinter der Türe den alten Kohleofen in der Küche. Den Tisch in der Mitte des Raumes. Rechts den alten Küchenschrank, das Waschbecken und ein Gasherd daneben. Erinnere mich an das große Doppelbett im Schlafzimmer mit der Kommode davor. Welche drei Spiegel hatte. Wie sehr war ich als Kind davon fasziniert, welche Unendlichkeit man mit dem Spiegel zaubern konnte. Und dann seh ich Oma selbst wieder. Jene wunderbare Frau. Sie zu beschreiben kann ich nicht. Ich kann nicht in Worte fassen.

Ich seh auch die Wohnung der anderen Oma. Auch sie ist nicht vergessen. Den langen Flur, links hinten das Wohnzimmer. Mit Kachelofen und zwei Sessel am Endes des Raumes wo die Fenster waren. Seh mich noch in der Küche stehen um mit den Kopfdeckeln eine Art Musik zu machen. Sehe wie Oma um die Weihnachtszeit den Stollen vom Balkon am Schlafzimmer holt.

Die Erinnerungen nehmen zu, nehmen Fahrt aus. Seh mich, wie ich mit Papa nach Hause geradelt bin. Er radelte, ich hockte im Kindersitz vor ihm. Später fuhr die Familie mit dem Motorroller durch die Stadt. Der kleine Lars vorne mit einem großem Helm, dann Papa hinten darauf Mama. 3 Menschen auf einem Zweirad.

Seh mich wie wir bei Tante Else, die eigentlich die Tante von Mama war, mit der ganzen Familie und was dazugehörte in einem kleinen Wohnzimmer hockten. Im Sommer bei selbstgemachter Erdbeertorte, von der der kleine Lars so viel verdrückt hat, das er den rechtlichen Tag im Bett verbringen musste.

Ich seh mich bei Onkel Otto im Keller stehen. Seh wie er aus Blech Blütenblätter treibt. Um schöne Blechrosen zu basteln. Seh wie er seinen Trabbi aus der Garage fährt. Und wie stolz er auf das Wägelchen ist.

Seh die Trümmer auf dem Platz, wo heute die schönste Kirche von der Stadt wieder steht. Seh in meinen Augen noch, wie wir Jungs in Stadion waren. Stehplatz K-Block. Dort wo ich eigentlich nicht sein durfte. Sehe die vielen schönen Stunden wo ich mit Freunden und Freundinnen unterwegs war. Mit dem Fahrrad an die Elbwiesen. Rotwein trinkend im Sandkasten. Heimlich rauchend auf der Schultoilette.

Seh wie wir das Land verlassen haben. Die Tränen der Freundin als das Taxi Richtung Bahnhof abfuhr. Das Warten auf den letzten Zug in Leipzig. Seh die hellerleuchtete Mauer die kein Zurück mehr unsichtbar auf sich geschrieben hatte.

Doch ich seh auch wie ich den alten Freund Jahre später sichtlich überrascht hatte. Unser erstes Wiedersehen, nach dem Fall, dort auf den Fußballplatz.

So viele seh ich. Erinnerungen aus dem eigenen Leben. Manche verblasen schon, andere sind farbig als wäre es gestern gewesen. Es sind Erinnerungen, die mich nicht melancholisch werden lassen. Es sind Erinnerungen die mir ein Lächeln um die Mundwinkel zaubern. Schöne Erinnerungen, aber auch hässliche sind dabei. Doch die hässlichen Erinnerungen verblassen schneller.

In ein paar Jahren werden es andere Bilder sein, die Erinnerungen wecken. Bilder die Freude ins Gesicht zaubern. Bilder deren Geschichte nur ich alleine kenne. Und die deshalb für mich so wertvoll sind.

Oft zeigen Bilder keine Geschichten. Sie wecken Erinnerungen. Und das ist manchmal viel besser als eine Geschichte. Doch dann wird aus der Erinnerung eine Geschichte. Unsere Lebensgeschichte.


An dieser Stelle freue ich mich gerne über eine kleine Kaffeespende. Den Kaffee ist der Energiespender aller Künstler in jeder Jahreszeit. Besonders für die, die keinen Alkohol trinken. Per Paypal einen Euro für einen Kaffee.


Ein Kommentar

  1. Erinnerungen sind oft bewegend.
    Da reicht bei mir oft ein Lied, eine Situation, ein Geruch.
    Mit den Farben kenn ich auch sehr gut.
    Mittlerweile sind viele verblasst, Platz auf der inneren Festplatte für neue Erinnerungen.
    Viele Grüße
    Günter

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