In unregelmäßiger Regelmäßigkeit schau ich mir die beste aller Serien an.
Die in deutschen Landen produziert worden ist. Einer Serie die mich dann jedes Mal in ein Gedankenchaos stürzen lässt.
Was wäre wie geschehen, wie hätte man selbst reagiert. Wie würde man reagieren, wenn man Informationen bekommen würde.
Was wäre wenn. Doch auf all das lässt sich keine Antwort mehr finden. Die Zeit ist dahin gelaufen. Man war vorher weggegangen.
War in dem Moment noch zu jung. Doch die Fragen kommen immer wieder. Fragen auf die es keine Antworten gibt.
Einige wissen es bereits. Geboren und aufgewachsen bin ich in der schönsten Stadt der Welt. Tief im Osten des Landes. Zu einer Zeit wo es noch eine
Mauer gab. Die Ulbricht noch als Blödsinn bezeichnet hatte, bevor sie dann doch gebaut wurde.
Weissensee eine TV-Serie, die mich beschäftigt. Nicht loslässt. Die ich nicht loslassen kann.
Was wäre geschehen, wenn man selbst in diesen Jahren in der DDR gelebt hätte. Noch gelebt hätte.
Ich bin, nach meinen eigenen Einschätzungen. Kein Mensch mit gigantischem Mut. Die Zeit des Draufgängers ist irgendwann im Jahre 1985 verloren gegangen. In dem Jahr als der Wohnort auf der anderen Seite der Mauer gezogen wurde. Anpassung um nicht aufzufallen war mit einmal wichtig. Mitschwimmen im Strom der vermeintlichen Freundschaften. Der jugendliche Wendehals könnte man meinen. Doch waren es kaum die politischen Ansichten, die damit gemeint sind. Noch heut kann ich den realen Sozialismus wenig abgewinnen. Auch wenn der Kommunismus die eigentlich beste Gesellschaftsform darstellen könnte. Nur Kommunist bin ich halt auch nicht. Irgendwo zwischen Bürgertum und … ja was? Diese Gedanken sind aber nicht das, was mich beschäftigt. Nachdem ich mir wieder einmal Weissensee angesehen habe. Deren Verlauf ich inzwischen kennen. Jedes Mal kommt die Frage auf. Wie hätte ich als Bürger in der DDR gehandelt? Wäre ich unter den Druck des MfS zusammengebrochen? Wäre ich im Visier des MfS gelandet? Wovon ich eigentlich ausgehe, da die Familie reichlich Verwandtschaft im Westen hatte. Hätte ich den Mut gehabt aktiv in der Opposition mitzuarbeiten? Wäre ich mit auf die Straße gegangen? Oder hätte ich mich einfach weggeduckt? Still und lautlos dem System gedient und gefolgt. Um nicht Familie und Freunde in Gefahr zubringen. Alle diese Fragen beschäftigen mich jedes Mal. Und ich werde darauf nie eine Antwort mehr erhalten. Sicherlich könnte ich heute laut sagen. JA ich hätte mich gegen den Staat und seine Organe gestellt. Doch genau das wäre nicht die Wahrheit. Es wäre genau der Spruch jener Menschen, die nicht in dem System gelebt haben. Um sich dann zu erdreisten den Zeigefinger zu erheben. In meinen Augen nur Scharlatane und Sprücheklopfer. Nur wer etwas selbst erlebt hat, kann ein Urteil darüber abgeben. Ich hab die letzten Jahre der DDR außerhalb der DDR verlebt. War noch zu jung um mich politisch zu äußern. Noch zu sehr Kind und Jugendlicher um die Gefahr zu erkennen. Ich hatte Freunde, denen ich vertraute. Ohne wenn und Aber. Einige davon heute noch. Worüber ich sehr froh bin.
Jedesmal wenn ich Weissensee geschaut habe. Besteht der Wunsch. Einsicht in meine Akte zu nehmen. Der Akte, welche von der Gauck Behörde verwahrt wird. Und jedes Mal hab ich Angst davor. Was, wenn ich wirklich eine Akt da habe? Was, wenn ich Namen darin lesen würde? Wie würde ich reagieren? Würden Freundschaften zerbrechen? Freundschaften die nun schon zu viele Jahre bestehen. Feigheit siegt am Ende. Siegt jedes Mal. Auch nach so langen Jahren.
„Zeit heilt alle Wunden“ Den genau das glaube ich nicht. Es lässt Wunden unsichtbar machen. Doch sie bleiben. Und brechen wieder auf. Wenn die Schutzschicht darüber angekratzt wird.
Vier Staffeln Weissensee am Stück anzuschauen, mit zu wenig Schlaf und viel zu viel Gedanken. Ein immer wiederkehrender Wahnsinn. Mit immer den gleichen Fragen am Ende. Und der Mutlosigkeit zur gnadenlosen Wahrheit. Den mutig bin ich nicht. Ich hab meine Freund nie gefragt, nie den Mut gehabt. Was sie in dieser Zeit unseres Lebens gemacht haben. Waren sie mit dabei? Auf der einen oder anderen Seite? Hab die Freunde nie gefragt und damit auch nie Antworten bekommen. Vielleicht muss ich mir Weissensee noch drei oder viermal in den nächsten Jahren ansehen. Um endlich den Mut zu haben, die Akte einzusehen und Fragen zu stellen. Und damit auch den Mut haben, vielleicht etwas zu erfahren. Was nicht so toll ist. Um dann den Mut aufzubringen, den Menschen zu verzeihen. Und vielleicht auch zu verstehen. Den eines hab ich vor Jahren, als ich Weissensee zum ersten Mal gesehen habe, gelernt. Mut zur Wahrheit kommt im Alter.
An dieser Stelle freue ich mich gerne über eine kleine Kaffeespende. Den Kaffee ist der Energiespender aller Gedanken Verirrten in jeder Jahreszeit. Besonders für die, die keinen Alkohol trinken. Per Paypal einen Euro für einen Kaffee.
Namen sind in der Regel nicht in den Akten zu finden (werden geschwärzt). Ich habe auch erst gezögert und bin nun, da ich „meine Akte“ erhalten habe, ganz froh daürber, einige Dinge (wieder) zu wissen.
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Lieber Lars, du solltest es tun und nachfragen ob es eine Akte gibt.
Ich hab eine Freundin aus Thüringen die lange die selben und gleichen Gedanken in sich getragen hat.
Sie hat lange gebraucht um den Antrag zu stellen. Nun ist sie froh es gemacht zu haben, die Seele hat Ruhe. Manchmal hilft eben nur die gnadenlose Wahrheit und Aufklärung.
Schönen Sonntag!
Grüße
Günter
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